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Vom Dhark-Fan zum Dhark-Autor
Namen, Fakten, Abenteuerliches
von Werner Kurt Giesa
Erster Teil – Zweiter Teil
UNSTERBLICH: REN DHARK
Ren Dhark ist ein Phänomen, das seinesgleichen sucht - in vier
Jahrzehnten in vier Auflagen veröffentlicht und nicht mehr totzukriegen,
obgleich es lange Zeit so aussah, als wäre das Projekt schließlich
doch noch zum Scheitern verurteilt. Es gibt zwar keine Millionenauflagen
wie bei der großen Konkurrenzserie Perry Rhodan, aber RD ist
trotz etlicher Rückschläge immer noch - oder immer wieder! - da.
Ich habe Ren Dhark von Anfang an auf seinem "Weg ins Weltall" - so lautete
der Untertitel - begleitet. Zuerst als Leser und Fan, heute als Autor, und einst
wie jetzt mit der gleichen ungebrochenen Begeisterung.
Worum geht's bei RD eigentlich? Um SF und Abenteuer pur! Gestern wie heute, heute
wie morgen...
UNVERGESSLICH: KURT BRAND
Als der 2. Weltkrieg begann, mußte Brand Soldat werden. Er war der einzige
SF-Autor, der jemals eine Rakete gestartet hat - traurigerweise eine Kriegswaffe.
Kurt Brand diente in Peenemünde, und sein Geschoß war eine V2 in Richtung
England. 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er sich
bei Kriegsende (O-Ton:) "...selbst entließ, weil ich keine Lust mehr hatte." Aber
vom Krim-Sekt, den er damals vor Ort genießen konnte, schwärmte er
noch Jahrzehnte später.
1946 wurde er freier Schriftsteller. Nebenher führte er in Wuppertal die
seinem Bekunden nach größte Leihbücherei Deutschlands. Unter
seinem eigenen Namen und unter zahlreichen Pseudonymen schrieb er zeitlebens
etwa 800 Romane. Die ersten Werke erschienen als Leihbücher und wurden später,
als die Zeit der Leihbüchereien endete, in den Reihen "Terra" und "Utopia" der
Heftverlage MOEWIG und PABEL nachgedruckt. In der Folge stieß er zum Perry
Rhodan-Team und verfaßte bis zu seinem Ausscheiden gut ein Fünftel
der Romane. Die in der Serie heute noch handlungsrelevanten Siganesen oder auch
die legendäre "hypertoiktische Verzahnung" der Posbi-Roboter gehen auf seine
Ideen zurück.
Nachdem sich Mitte der 60er Jahre die Wege von Perry Rhodan und Kurt Brand trennten,
entwickelte er das Konzept für eine eigene Serie und legte sie dem Hamburger
KELTER-Verlag vor. Dort hatte man mit Serien-Konzepten einerseits und Science-fiction
andererseits noch keine Erfahrung. Man war auf Krimis, Western und Frauenromane
spezialisiert, und selbst wenn es durchgehende Serienfiguren gab (wie den Kriminalreporter
Toby Gin oder den guten Westernhelden Wyatt Earp), handelte es sich doch stets
um in sich abgeschlossene Romane. Hier aber war plötzlich eine Fortsetzungsgeschichte
gefragt, in der jeder Roman die Handlung des vorhergehenden fortsetzte!
Aber - warum nicht? Perry Rhodan hatte vorexerziert wie's ging, und auch
davor hatte es bereits kurzlebige Versuche gegeben, Serienhelden zu etablieren
- sogar schon in der Vorkriegszeit, beispielsweise Freder van Holks Abenteuerserie Sun
Koh, die etliche SF-Elemente enthielt.
UNVERZICHTBAR: DIE CO-AUTOREN
Nun brachte der KELTER-Verlag also Ren Dhark auf den Markt.
Natürlich war klar, daß ein Autor allein nicht jede Woche einen Roman
schreiben konnte. Teamwork war gefragt, und so wurden einige weitere Schriftsteller
eingeladen, an RD mitzuarbeiten. Der inzwischen verstorbene Manfred Wegener
war mit von der Partie sowie Jürgen tenHoevel alias Ralf Lorenz und H. G.
Francis, an dessen grandiose Karriere als Perry Rhodan- und Hörspiele-Autor
damals noch nicht zu denken war. Anfangs stand auch noch H. Zahlten auf dem Exposé-Verteiler,
der aber nie dazu kam, einen RD-Roman zu schreiben. Kurt Brand entwarf
die Figuren, die Technik und die Handlung der Serie und schrieb die Romanexposés,
nach denen er selbst und seine Co-Autoren dann die Romane verfaßten.
Die Werbung lief an, und im Herbst 1965 erschien mit "Sternendschungel Galaxis" der
erste Band der neuen Serie. Sie verkaufte sich vom Fleck weg sehr gut, die Hefte
mußten sogar nachgedruckt werden, und Zusatzhonorare flossen, wie Jürgen
tenHoevel später einmal erwähnte.
UNÜBERTROFFEN: DIE ILLUSTRATOREN
Der gute Start lag vielleicht auch mit an der auffälligen Erscheinung der
Titelbilder, die sich entschieden von denen aller anderen Romanhefte abhob - ein
umlaufendes Weltraum-Szenario, auf der Rückseite ein dahinjagendes Raumschiff,
auf der Titelseite ein Kreisausschnitt mit dem eigentlichen Titelbild. Dazu eine
psychologisch eindringlich und sympathisch wirkende Farbkombination: schwarzer
Weltraum, gelber Serientitel, roter Romantitel. Der für KELTER und für
Wochenzeitungen arbeitende Illustrator Hans J. Lührs hatte diesen Entwurf
geliefert - er fertigte auch fast alle Titelbilder an, nur in den ersten 20 Heften
sprang einige Male Wolfgang Blaar ein, dessen Bilder allerdings von der Qualität
her überhaupt nicht überzeugen konnten.
Kuriosum am Rande: Die für Titel und den redaktionellen Innenteil der Hefte
verwendete Schriftart trägt den Namen "Futura" - durchaus passend für
eine SF-Serie.
UNABDINGBAR: WECHSEL DER CO-AUTOREN
In der Folge wurde bis auf den Chef selbst das komplette Autorenteam ausgetauscht.
Wegener und Francis wanderten ab, um beim BASTEI-Verlag ihre eigene Serie Rex
Corda zu starten, die es immerhin auf 38 Hefte brachte. Indessen zeigte
sich da schon, daß der Markt für SF-Serien deutlich enger wurde: Perry
Rhodans 2. Auflage machte Druck, und die Verkaufszahlen wurden nach dem
fulminanten Start sowohl für RD als auch für RC schlechter: Rex
Corda wurde nach einer vorübergehenden Umstellung auf 14tägiges
Erscheinen schließlich eingestellt. Das Team um H. G. Francis ließ sich
dadurch allerdings nicht entmutigen und startete innerhalb der Reihe "Utopia" des
PABEL-Verlags alsbald die 14tägige Serie Ad Astra.
Doch wir bleiben bei Ren Dhark. Auch tenHoevel verließ nach nur
zwei Dhark-Romanen das Team. Drei neue Autoren kamen hinzu: Peter Krämer
alias Cal Canter, Hermann Werner Peters alias Staff Caine und das junge Nachwuchstalent
Hans-Joachim Freiberg. Speziell Freiberg besaß einen unverwechselbaren
Stil und die Fähigkeit, Technik vordergründig und doch unaufdringlich
einzubringen - Science-fiction bester Art. Leider kam Freiberg auch immer wieder
mit den Abgabeterminen für seine Skripte ins Schleudern, so daß er
relativ selten mit Aufträgen bedacht wurde. Band 60 ("Rettung naht, die
Giants kommen") war dann sein letzter, unvollständig gebliebener Roman - dessen
Termin konnte er allerdings infolge eines tödlichen Verkehrsunfalls wirklich
nicht mehr halten ... Kurt Brand vervollständigte den erst zur Hälfte
fertiggestellten Roman.
Posthum erschien später Freibergs SF-Roman "Erfolgsaussichten 11%" unter
dem Pseudonym "John Fryberg" in der Kelter-Krimi-Taschenbuchreihe; mit einem
Titelbildausschnitt von Ren Dhark 95 als Cover. Dieser Roman, ein spannendes,
schnelles und unkompliziertes Abenteuer in der Art der amerikanischen SF der
50er Jahre, ist bisher leider nie nachgedruckt worden.
UNGEHEUERLICH: RAUSSCHMISS DER CO-AUTOREN
Wie schon erwähnt, mit der Zeit lief es nicht mehr so gut. Vielleicht, weil
der Markt tatsächlich zu eng geworden war, vielleicht aber auch, weil ab
Band 40 sich die Story der ersten 10 Hefte in anderer Form wiederholte - ein
Usurpator schickt Ren Dhark in die Verbannung, es gibt Untergrund- und Agentenkämpfe,
bis der böse Diktator - damals Rocco, jetzt Norman Dewitt - besiegt ist.
Mit Band 56 kam die Umstellung auf nur noch 14tägiges Erscheinen.
Damit waren die Co-Autoren draußen. Denn Kurt Brand, der auch vorher schon
etwa zwei Romane im Monat geschrieben hatte, wollte sich logischerweise nicht
die Butter vom Brot nehmen lassen und schrieb die Serie ab Band 63 allein; bis
dahin wurden noch Romane, die bereits in Auftrag gegeben waren, von den Co-Autoren
fertiggestellt.
UNKÜNDBAR: ZWEI, DIE AM BALL BLEIBEN
Allerdings, ganz allein blieb Brand nicht. Denn noch vor der sehr kurzfristig
getroffenen Entscheidung, RD auf zweiwöchentliches Erscheinen umzustellen
(und in den Wochen dazwischen unverkauft gebliebene Hefte von Band 1 an einzuschieben,
um das Lager zu räumen), war mit Dieter Ueckermann alias Tensor McDyke ein
weiterer Autor zur Serie gestoßen. Er hatte einen Vertrag, ein bestimmtes
Kontingent an Romanen für KELTER zu schreiben - und da er SF-Erfahrung hatte,
kam er zu RD. (Für "Utopia" hatte er einige Romane als Michael D.
Tensor und für "Zauberkreis-SF" als Tensor McDyke geschrieben). So wurde
hin und wieder einer seiner Romane eingeschoben, teilweise als Lückenfüller
und mit einer "Serie in der Serie" - den Abenteuern eines jungen Raumfahrers,
der innerhalb eines einzigen Handlungsjahres der RD-Serie vom Testpiloten
zum Fähnrich, Kadett und schließlich Leutnant der Terranischen Flotte
wurde. Realitätsnähe war wohl nicht unbedingt Ueckermanns Stärke.
Und auch Hermann Peters blieb am Ball. Irgendwie hatte er es geschafft, ebenfalls
mit weiteren Aufträgen bedacht zu werden und spann den Faden um die Nogk
weiter, die er seit seinem Einstieg mit Band 15 in jedem seiner Romane behandelte,
ob sie nun im Exposé standen oder nicht.
Weiter mit Teil 2
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