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Hajo F. Breuer
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thema „made in Germany“
Science Fiction in der Krise?

von Hajo F. Breuer

Science Fiction in Buchform war in Deutschland eigentlich immer ein Außenseiter auf dem Markt, so wie der Erfolg der SF-Romanhefte letztlich immer ein deutsches Phänomen geblieben ist. Mit der Umstrukturierung der Verlagsszene in Deutschland hat sich das SF-Angebot auf dem für dieses Literaturgenre besonders geeigneten Taschenbuchmarkt deutlich verringert. Gebundene SF-Bücher waren bei uns eigentlich schon immer recht selten, die erfolgreichsten gebundenen Werke sind immer noch die Ableger oder »Nachfahren« von Heftromanreihen.
Dominierend auf dem deutschen SF-Buchmarkt war und ist das Taschenbuch. Aber wenn plötzlich viel weniger SF-Taschenbücher als bisher veröffentlicht werden, bedeutet das, daß die Verlage in diesen schwierigen Zeiten genau nachgerechnet und erkannt haben, daß sie mit diesen Werken im besten Fall kein Geld mehr verdienen oder im schlimmeren Fall Verluste machen. Mit anderen Worten: Es wird nicht mehr genug verkauft.
Aber woran liegt das? Haben die deutschen Leser das Interesse an der Zukunft verloren? Ist der alltägliche Kampf ums Überleben so hart geworden, daß kein Interesse mehr besteht an Literatur über eine Zukunft, die besser und vor allem spannender ist als unsere Gegenwart? Wollen wir heute keinen Eskapismus mehr?
Erinnern wir uns: Eskapistische Literatur (also Bücher, die zumindest in der Phantasie eine Flucht aus dem tristen Alltag erlauben) hatten immer dann Hochkonjunktur, wenn es den Menschen nicht so gut ging. Also müßte die Gegenwart eigentlich eine Konjunktur für SF-Literatur bringen. Doch die großen Verlage schränken ihr Angebot ein. Woran das liegt? Ich kann es nicht mit Gewißheit behaupten, aber ich habe natürlich einen Verdacht. Zwei, um genau zu sein.
Erstens werden in Deutschland noch immer viel zu viele SF-Werke aus dem Ausland, vor allem aus den USA, verlegt. Darunter hatte schon der von mir bewunderte, kürzlich leider verstorbene Walter Ernsting zu leiden, der seine eigenen Romane nicht unter seinem Namen, wohl aber unter dem amerikanisch klingenden Pseudonym »Clark Darlton« an den Mann bzw. den Verleger bringen konnte. Ich habe nichts gegen amerikanische SF, ganz im Gegenteil. Aber ein Übergewicht ausländischer Autoren ist für keinen Markt gut. Ausländische Autoren sollten eine Bereicherung sein, nicht die Regel. Die Amerikaner beherzigen das. Viele Entscheidungsträger bei uns leider nicht.
Nun könnte man natürlich argumentieren, daß es in Deutschland keine guten SF-Autoren in ausreichend großer Zahl gibt. Doch ich weiß aus eigener Erfahrung, daß dem nicht so ist. Wir haben spitzenmäßige Autoren zu bieten, die aber leider viel zu oft von den großen Verlagen einfach keine Chance bekommen. In den USA ist der Markt mehr als dreimal so groß wie in Deutschland, und es ist eine einfache Rechnung, daß Bücher, die »drüben« gelaufen sind, sich auch bei uns gut verkaufen müssen. Mit der Lizenz für ein etabliertes Produkt geht man kein Risiko ein. Aber das ist kaufmännisches Denken, kein verlegerisches.
Denn der Unterschied zwischen der amerikanischen Mentalität und der europäischen im allgemeinen sowie der deutschen im besonderen ist doch größer als man glaubt. Was den Amis gefällt, müssen die Deutschen noch lange nicht mögen und umgekehrt. Und daß Lizenzen plus die Kosten für eine Übersetzung oft teurer sind als ein vernünftiges Garantiehonorar für einen deutschen Autor, scheint vielen Verlagskaufleuten einfach nicht klar zu sein. Sicher kann man auch mit einem deutschen Autor einen Flop produzieren – aber der ist meist billiger als ein geflopptes Lizenzprodukt. Und ich glaube nun einmal fest daran, daß das Werk eines verlegerisch gut betreuten deutschen Autoren wesentlich seltener floppen wird als noch eine Übersetzung aus den USA.
Zweitens will es mir scheinen, als würde ein großer Teil der Gegenwarts-SF die eskapistischen Wünsche ihrer Leserschaft nicht mehr richtig erfüllen. Nach einem harten Tag am Fließband oder ein paar miesen Stunden im Arbeitsamt will doch niemand mehr lesen, daß es in der Zukunft noch mieser sein wird und überall nur noch das Böse herrscht oder zumindest die Resignation. In einem großen Teil der (übersetzten) SF von heute vermisse ich die positive Utopie, den unerschütterlichen Glauben daran, daß unsere Zukunft besser sein wird als die Gegenwart.
Natürlich darf die Zukunft ruhig auch mal düsterer aussehen als alles, was wir ohnehin schon befürchten. Aber ein guter Autor wird einen Weg finden, um seinen Lesern einen Ausweg aus diesem Dilemma aufzuzeigen. Von mir aus darf die Erde ruhig untergehen – aber die Menschheit muß dann halt am Ende eine neue Welt haben, auf der sie noch besser leben kann als auf Terra. Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem der Weltuntergang drohte und ein paar Menschen auf den Titan flüchten konnten – also direkt in die Hölle. Wobei »gelesen« in diesem Fall eigentlich zuviel gesagt ist: Ich habe angefangen, irgendwann weitergeblättert, mir die letzten paar Seiten angesehen und das Buch dann aus der Hand gelegt. Wenn ich von einem solchen Buch träume (und ich träume oft von Büchern, die ich lese), bekomme ich doch nur Alpträume. Und wer tut sich das schon gerne an? Ich jedenfalls nicht.
Kommen wir zur Eingangsfrage zurück: Ist die Science Fiction in der Krise? Ich glaube nicht. Ich sehe sie eher im Umbruch. Die großen Häuser, bei denen die Kaufleute die Entscheidungen treffen, verabschieden sich mehr und mehr aus dem Genre. Aber es gibt ja noch kleinere Verlage wie den unsrigen, in denen SF nicht gemacht wird, weil man »ein Produkt« braucht, sondern weil die Verantwortlichen aus Überzeugung und mit Herzblut bei der Sache sind. Und deshalb bekommt man nach der Lektüre von Büchern aus diesen Verlagen auch keine Alpträume.

 
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