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thema Kostenfaktor Weltall
Muß Raumfahrt so teuer sein?
von Hajo F. Breuer
Raumfahrt ist ein Milliardenmoloch, den sich nur große Nationen oder supranationale
Organisationen wie die EU leisten können. Ist das wirklich so? Nicht ganz.
Aber darauf kommen wir gleich noch.
Was macht Raumfahrt so teuer? Daran sind mal wieder die Deutschen schuld. Die
ersten ernstzunehmenden Raumfahrzeuge waren deutsche Raketen des Typs V2, entwickelt
von der Gruppe um Wernher von Braun im Zweiten Weltkrieg. Wie weit diese Rakete
ihrer Zeit voraus war, beweist allein die Tatsache, daß die in Rußland
gebaute »Scud«-Rakete, die noch heute viele Staaten in ihrem Arsenal
haben, nichts weiter ist als eine kaum weiterentwickelte, nur leicht modifizierte
V2.
Die aber war kein Fahrzeug zur Erforschung des Weltraums, sondern eine Waffe.
Und alle anderen Raketen, die unter der Anleitung der deutschen Experten nach
dem Krieg in Rußland und den USA gebaut wurden, setzten den mit der V2
einmal eingeschlagenen Weg konsequent fort. Die Saturn V, die amerikanische Astronauten
zum Mond trug, war nichts weiter als eine ins Gigantische vergrößerte
Version der ursprünglichen Idee Wernher von Brauns.
Die Aufgabe der Rakete als Kriegswaffe aber ist eine relativ einfache: Transport
einer möglichst großen Nutzlast mitten ins Herz des Feindes. Da diese
Nutzlast eine Bombe ist, ist das explosive Ende der Rakete sozusagen schon ins
Konzept mit hineinkonstruiert. Wernher von Braun brauchte sich keine Gedanken
darüber zu machen, seine V2 heil auf den Boden zurückzubringen. Ganz
im Gegenteil: Sie sollte ja am Ende explodieren.
So kommt es, daß die heutige Raumfahrt enorme Mittel aufwendet, um Flugkörper
in möglichst kurzer Zeit auf möglichst hohe Geschwindigkeiten zu beschleunigen,
so daß sie die Erde im freien Fall umkreisen können. Dazu wird so
viel Energie benötigt, daß die Raketen auf der Startrampe und kurz
nach dem Abheben hochexplosive, fliegende Bomben sind. Doch haben sie die Umlaufbahn
erst einmal erreicht. ist das Antriebspulver so gut wie verschossen.
Kleine Mengen Resttreibstoff müssen ausreichen, um die Rakete ein wenig
abzubremsen, bis sie mit hoher Geschwindigkeit auf die obersten Schichten der
Atmosphäre trifft und durch die Reibung immer weiter abgebremst wird. Dabei
entsteht Reibungshitze in solchem Umfang, daß ein Raumflugkörper verglüht,
wenn er nur ein ganz klein wenig von der richtigen Bahn abweicht oder sein Hitzeschild
beschädigt ist.
Die Apollo-Raumkapseln, die vom Mond zurückkehrten, waren sogar noch schneller,
denn sie fielen weit mehr als 200.000 Kilometer durchs Vakuum auf die Erde zu,
angezogen von ihrer Gravitation und durch nichts gebremst.
Für mich ist das typische Militärtechnik: Alles muß groß,
stark und beeindruckend sein; Verluste sind zwar beklagenswert, aber auch unvermeidbar.
Aber muß sich die Raumfahrt wirklich militärischen Prämissen
unterwerfen? Nein. Und wenn sie das nicht tut, wird sie auch gleich viel billiger,
wie Burt Rutan mit seinem SpaceShipOne bewiesen
hat.
Dieses erste private Raumfahrzeug hat zwar auch eine Rakete für den Aufstieg
ins All, aber die ersten (und schwersten) fünfzehn Höhenkilometer überwindet
es auf dem Rücken eines Trägerflugzeugs. Gebaut sind beide aus ultraleichten
Verbundwerkstoffen, wie sie auch beim Bau von Zivilflugzeugen oder Rennwagen
Verwendung finden.
Das Konzept kommt Ihnen bekannt vor? Mir auch. Es ist wohl schon um die zwanzig
Jahre her, daß in Deutschland das Konzept des Raumtransporters »Sänger« entwickelt
wurde, der ebenfalls auf einem speziellen Flugzeug in die Höhe getragen
werden sollte, bevor sich die eigentliche Raumfähre abkoppelte und ins All
startete, um später wie ein Flugzeug zu landen. Das Konzept war eigentlich
perfekt – aber bekanntlich haben wir ja in Deutschland heutzutage Geld
für alles mögliche, nur nicht für solche Zukunftsprojekte.
Da hat Burt Rutan mehr Glück, der mit dem Milliardär Richard Branson
einen potenten Finanzier gefunden hat. Nicht weil Branson gern Geld verschleudert
- nein, er verspricht sich hohe Gewinne aus zukünftigem kommerziellem Weltraumtourismus.
Und so hat SpaceShipOne nicht nur wesentlich weniger gekostet als etwa ein NASA-Projekt – es
hat auch einen ganz anderen, innovativen Ansatz. Das Raumfahrzeug kann wirklich
noch von Hand geflogen werden, wie gleich beim ersten Startversuch bewiesen wurde,
als die automatische Steuerung ausfiel und SpaceShipOne mehr als 40 Kilometer
vom Kurs abkam.
Und noch etwas ist völlig anders: Die Konstruktion Burt Rutans kommt ohne
Hitzeschild aus, weil sie allzu hohe Geschwindigkeiten vermeidet und durch eine
besondere Flügelkonstruktion in der Lage ist, auch die extrem dünnen
obersten Schichten der Atmosphäre zum effektiven Bremsen und Steuern zu
verwenden.
Ziehen wir ein Fazit: Raumfahrt muß nicht teuer sein. Sie muß nur
von Privatleuten organisiert werden, die eigenes Geld einsetzen. Behörden
wie die NASA oder die ESA haben nicht wirklich einen Bezug zum Geld. Denen ist
es im Grunde egal, was sie ausgeben. Das ist bei Männern wie Rutan und Branson
anders.
Ein Anfang ist gemacht. Hoffen wir, daß noch mehr Privatleute in die Raumfahrt
investieren. Dann können auch wir vielleicht eines Tages ins All fliegen
- zum Preis einer Flugkarte Frankfurt - New York!
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